Der Residualeffekt

Der Residualeffekt ist ein psychoakustisches Phänomen. Der Mensch nimmt auch die Tonhöhen von Klängen wahr, deren Grundton ganz fehlt. Wenn Sie bei einer Orgel alle Register ziehen, aber den Grundton 16' ganz ausblenden, nehmen Sie immer noch die gleiche Tonhöhe wahr. Sie nehmen den Ton aber auch in einer veränderten Klangfarbe mit weniger "Bass" oder "Wärme" wahr, die Tonhöhe bleibt jedoch die Gleiche.

Andernfalls wäre es nicht möglich, mit einem kleinen Transistorradio mit schwacher Basswiedergabe überhaupt Musik zu hören. Der kleine Lautsprecher eines solchen Radios kann die tiefen Frequenzen der Grundtöne der Basslinie praktisch gar nicht mehr wiedergeben.

Die Registrierungen der Zugriegelorgel spielen mit diesem psychoakustischen Phänomen. Das Mischen des zweiten und dritten Partialtons, also von 8' und 5 1/3', genügt in den tiefen Lagen, um die Illusion eines 16'-Tons zu erzeugen, obwohl dieser Grundton gar nicht vorhanden ist.

Auch alte Pfeifenorgeln bedienen sich des Residualeffekts, um durch Kombination zweier kompakterer Pfeifen im Quintabstand entsprechend lange, schwere und kostspielige Riesenpfeifen zu simulieren. Diese Tradition findet sich auch bei modernen Orgeln wieder und ist der Grund dafür, dass das Register 5 1/3' unterhalb von 8' angeordnet ist: Das Register 5 1/3' führt zur Wahrnehmung einer Tonhöhe, die eine Oktave tiefer liegt als 8'.