Modeling-Parameter der EVB3

Die Modeling-Parameter gestatten einen sehr detaillierten Einfluss auf die Klangeigenschaften des Orgel-Sounds. Hier geht es nicht nur um Pegel und Klangregelung, sondern um die Audio-Eigenschaften innerhalb der virtuellen Orgel, die minutiös mehrere liebenswürdige Schwächen der Hammond B3 nachbilden. Sie können sogar die Macken der B3 simulieren, die sich aus ihrer Alterung ergeben.

Wenn Sie sich für die technischen Aspekte der Hammond B3 und das Konzept der Tonradgeneratoren interessieren, finden Sie dazu weitere Informationen unter Die Geschichte der Hammond-Orgel und Die Tonrad-Klangerzeugung.

Pitch-Parameter

Die EVB3 bietet mehrere Parameter, die ihr Intonationsverhalten ändern. Dadurch entwickelt sie eine Flexibilität, die das Original-Instrument nicht aufweist. Die EVB3 verfügt über eine wohltemperierte Stimmung. Abweichend von dieser Stimmung können Sie die Stimmung im Bass und Diskant spreizen, wie bei Klavieren üblich. Sie können mit dem Warmth-Parameter auch eine zufällige Verstimmung jeder Note erzielen und sogar der "Orgel-widrige" Einsatz des Pitch Benders ist möglich. Das geht beim Original nicht, ist jedoch eine interessante Kreativ-Option.

Figure. Pitch parameters.
  • Schieberegler "Upper Stretch": Bestimmt die Abweichung von der gleichschwebenden Stimmung im Diskant. Je höher der Wert, desto höher werden die hohen Noten intoniert. Bei "0" ist die EVB3 gleichschwebend gestimmt, sodass jede Oktave aufwärts einer Verdopplung der Frequenz entspricht. Vgl. dazu auch den Abschnitt Gespreizte Stimmung – Stretch Tuning .
  • Schieberegler "Lower Stretch": Bestimmt die Abweichung von der gleichschwebenden Stimmung im Bassbereich. Je höher der Wert gewählt wird, desto tiefer werden die tiefen Noten intoniert. Bei "0" ist die EVB3 gleichschwebend gestimmt, sodass jede Oktave abwärts einer Halbierung der Frequenz entspricht.
  • Schieberegler "Warmth": Steuert die Intensität einer zufälligen Verstimmung aller Tonradgeneratoren. Hohe Werte für Warmth beleben den Orgelklang, aber Zurückhaltung ist gefragt, denn wenn man es zu bunt treibt, klingt das Instrument verstimmt.

    Hinweis: Bei der Verwendung von sowohl "Warmth" als auch "Stretch" kann ein ausgeprägter Chorus-Effekt den Ton verstimmen. Setzen Sie "Warmth" auf 0, wenn Sie einen weniger verstimmten Ton wünschen.

  • Schieberegler "Pitchbend Up" und "Pitchbend Down": Die Hammond B3 hat keine Pitch-Bend-Funktionen. Deshalb führt der Einsatz eines Pitch Benders zu keinen realistischen Ergebnissen. Dennoch gibt es naturgemäß eine Reihe kreativer Anwendungsmöglichkeiten.
    • "Pitchbend Up" regelt die Empfindlichkeit des Pitch Benders bei Aufwärtsbewegungen, "Pitchbend Down" die Empfindlichkeit bei Abwärtsbewegungen. Die Regelung erfolgt in Halbtonschritten. Die maximale Empfindlichkeit erlaubt Bendings bis zu einer Oktave.

    • Sie können den "Pitch Bend Down" auf "Brake" einstellen, sodass die Tonradgeneratoren immer langsamer werden und schließlich ganz auslaufen, vorausgesetzt, der Pitch Bender ist in der untersten Position.

    Hinweis: In der Einstellung "Brake" können Sie einen Effekt in Echtzeit erzeugen, wie er bei Emerson, Lake und Palmer am Ende des Songs "Knife Edge" zu hören ist. Die Hammond-Orgel wurde mit einem Tonbandgerät aufgezeichnet, das bis zum absoluten Stillstand abgebremst wurde.

Gespreizte Stimmung – Stretch Tuning

Der Klang von Spinett, Cembalo und Klavier ist in seiner Obertonstruktur leicht "unharmonisch". Die Frequenzen der Obertöne sind nicht genau ganzzahlige Vielfache des Grundtons. Das heißt, die Obertöne der tiefen Noten sind genauer mit den Grundtönen der höher liegenden Noten im Einklang. Für die solo gespielte Zugriegelorgel ist die gespreizte Stimmung grundsätzlich nicht erforderlich.

Die Stretch-Parameter erlauben jedoch die Angleichung an gespreizt gestimmte Pianofortes, wenn diese gemeinsam mit der EVB3 im Arrangement erklingen.

Klick-Parameter der EVB3

Wenn der Zahn der Zeit an den Kontakten der elektromechanischen Orgel genagt hat, kann beim Anschlagen und Loslassen der Tasten ein kratzendes Geräusch auftreten. Wenn Korrosion hinzukommt, kann der Klick länger und lauter werden. Diese Kratzgeräusche beim Anschlagen und Loslassen der Tasten sind als Key Click bekannt. Viele Freunde der Hammond-Orgel schätzen diese klanglichen Auswirkungen besonders, verleihen sie dem Ton doch markante Transienten.

Die EVB3 erlaubt eine vielseitige Einstellung des Klicks beim Anschlagen und Loslassen der Tasten. Unabhängig von Ihren Einstellungen der Parameter sind die Klangfarbe und die Lautstärke des Klicks stets dem Zufall unterworfen.

Sie können die Regler "Click On" und "Click Off" in der silbernen Sektion über den Condition-Parametern einsetzen, um das Kratzen der Tastaturkontakte am Anfang und Ende jeder Note individuell einzustellen. Der "Click Off" ist immer leiser, auch, wenn der Regler voll aufgedreht ist. So ist es auch beim Original. Informationen zu diesen Steuerelementen finden Sie unter Globale Parameter der EVB3.

Figure. Click parameters.
  • Schieberegler "Click Min" und "Click Max": Die Klick-Dauer kann zwischen einem kurzen "Tick" und einem veritablen "Kratzen" variieren. Die Dauer des Klicks unterliegt jedoch einer zufälligen Modulation innerhalb der Grenzen, die Sie festlegen.
    • Mit "Click Min" definieren Sie die minimale Dauer des Kratzgeräuschs.

    • Die maximal vorkommende Dauer bestimmen Sie mit "Click Max".

    Hinweis: Auch wenn Sie beide Werte gleich einstellen, sodass die Dauer des Klicks immer gleich ist, bleiben Klang und Lautstärke dem Zufall unterworfen. Im Zuge dieser Klangvariation kann der Klick zuweilen auch kürzer erscheinen als unter "Click Min" eingestellt.

  • Schieberegler "Click Color": Stellt die Klangfarbe des Klicks ein. Dies ist eine globale Kontrolle des Höhenanteils des Klickgeräuschs, die sich über die zufälligen Variationen des Klicks legt.
  • Schieberegler "Velo to Click" (erweiterte Parameter): Bestimmt die Anschlagsempfindlichkeit der Click-Parameter. Er befindet sich in den erweiterten Parametern (klicken Sie hierfür auf das Dreiecksymbol links unten auf der EVB3-Oberfläche).

Condition-Parameter der EVB3

Elektromechanische Zugriegelorgeln mit Tonradgenerator haben mit allerlei elektromechanischen Gebrechen zu kämpfen – etwa mit dem Übersprechen. Diese hörbaren Artefakte sind für den Charme der B3 allerdings wesentlich. Ihren Anteil und somit das Alter Ihrer EVB3 können Sie mit den folgenden Parametern einstellen.

Figure. Condition parameters.
  • Schieberegler "Drawbar Leak": Regelt, auf welchen Pegel die Zugriegel minimal bedämpft werden, wenn Sie die Zugriegel ganz einschieben. Auch wenn Sie alle Zugriegel ganz einschieben, ist die Hammond nicht ganz stumm. Dies ist auf das "Leakage" der Tonradgeneratoren zurückzuführen und es ist immer noch ein Übersprechen sämtlicher Zugriegel zu hören.
    • Wählen Sie Position "0", um die Zugriegel vollständig auszublenden.

    • Verwenden Sie die Maximalposition, um hingegen alle Zugriegel deutlich zu hören.

  • Schieberegler "Leakage": Hiermit blenden Sie einen Sound in den Klang einer jeden Note ein, der aus dem Übersprechen sämtlicher Tonräder resultiert, inklusive der Tonräder der Noten, die gar nicht gespielt werden. Dadurch bekommt die Klangfarbe einen "atmenden" Charakter.
  • Schieberegler "Crosstalk": Es gibt zwei Tonradgeneratoren auf jeder Welle und für jede Tonhöhe, die um vier Oktaven auseinander liegen. Daraus resultiert, dass in die hohen Noten ein vier Oktaven tieferer Ton überspricht und dass in die tiefen Noten ein um vier Oktaven höherer Ton überspricht. Das Ausmaß dieses Übersprechens regeln Sie mit dem Crosstalk-Schieberegler. Weitere Informationen finden Sie unter Die Tonrad-Klangerzeugung. Da das Übersprechen nur auf bestimmten Tonradgeneratoren vorkommt, kommt es bei Akkorden auch nicht zu einem übermäßigen Rumpeln.
  • Schieberegler "Random FM": Wenn der Tonradgenerator einer B3 sauber ist, ist die Stimmung der Obertöne stabil und exakt. Die dreifache mechanische Entkopplung mithilfe von Schwungrädern, flexiblen Kupplungen und Federn funktioniert sehr effektiv. Wenn der Antrieb jedoch verschmutzt ist, können Unwuchten ins Spiel kommen, die sich auf die Mechanik auswirken. Eine allmähliche Ansammlung von Schmutz in der Mechanik führt zu einer Störung. Diese Unwucht überträgt sich auf die Tonradgeneratoren, also auch auf den Sound. Mit dem Schieberegler "Random FM" können Sie diesen Effekt, der nur in den höheren Frequenzbereichen wahrnehmbar ist, simulieren.
  • Schieberegler "Filter Age": Die höherfrequenten Signale der Tonradgeneratoren einer Hammond B3 passieren Bandpass-Filter. Die mittleren Durchgangsfrequenzen der Filter verändern sich mit dem Alter der Bauteile (für das Filtern). Sie können mit dem Parameter "Filter Age" den Effekt alternder Kondensatoren der Bandpass-Filter-Schaltungen einer Hammond simulieren.

    Hinweis: Dadurch färben Sie den Klang der mit "Random FM" geregelten Gleichlaufschwankungen sowie den Klang des mit "Leakage" eingestellten Hintergrundgeräuschs. Der Parameter nimmt auch Einfluss auf die Intonation der Orgel, wenn Sie Pitch Bend einsetzen.

Organ-Parameter der EVB3

Die Organ-Parameter ändern die grundlegenden Klangeigenschaften der EVB3.

Figure. Organ parameters.
  • Schieberegler "Max Wheels": Bestimmt die Anzahl der Tonradgeneratoren, die simuliert werden. Durch eine Reduktion dieses Werts minimieren Sie die Prozessorlast. Auch die in einer Registrierung nicht benötigten Tonradgeneratoren werden nämlich im Hintergrund berechnet und nehmen eine nicht unerhebliche Prozessorleistung in Anspruch. Eine Reduktion des Werts kostet allerdings einige Obertöne, sodass Sie im Interesse einer sehr realistischen Simulation einen hohen Wert beibehalten sollten.
  • Schieberegler "Tonal Balance": Mischt die höheren und tieferen Tonradgeneratoren. Bei positiven Werten ist der Klang dementsprechend heller und brillanter. Experimentieren Sie nach Belieben mit unterschiedlichen Einstellungen für "Tonal Balance" und den Equalizer. Weitere Informationen finden Sie unter Verwenden des integrierten Equalizers in der EVB3.
  • Schieberegler "Shape": Sie können die Wellenform der Tonradgeneratoren mit dem Parameter "Shape" verzerren. Während die Tonradgeneratoren der Hammond-Orgel (von Störgeräuschen abgesehen) reine Sinusschwingungen produzieren, arbeiten andere Orgeln mit verzerrten Wellenformen. Mit "Shape" können Sie die Sounds alter Orgeln von Farfisa, Solina oder Yamaha nachbilden. Der Shape-Parameter folgt im Signalfluss den Filtern der Tonradgeneratoren.
    • Bewegen Sie den Schieberegler nach rechts, damit der Ton heller und lauter wird.

    • Bewegen Sie den Schieberegler nach links, damit der Klang dezenter und dunkler wird.

  • Schieberegler "Bass Filter": Der Klang der Pedale erscheint oft zu hell, wenn die Manuale mit dem Pedal kombiniert werden. Um dieses Problem zu umgehen und die Höhen des Basses zu bedämpfen, passen Sie das Bass Filter an. In der Maximalstellung liefert das Pedal-Register dann wirklich nur noch das Bass-Fundament.
  • Taste "Ultra Bass": Wenn Sie "Ultra Bass" aktivieren, haben Sie die Möglichkeit, auf dem oberen und unteren Manual auch Noten in einer zusätzlichen, tieferen Oktave zu spielen. Zusätzlich zu dieser Funktion können Sie auch die Manuale um je eine Oktave transponieren (siehe Transponieren der EVB3 in Oktaven). Diese beiden Funktionen sind bei der Hammond B3 nicht möglich.
  • Schieberegler "Lower Volume" und "Pedal Volume": Stellen Sie diese Schieberegler ein, um die Pegelverhältnisse des unteren Manuals und des Pedals relativ zum oberen Manual zu bestimmen.
  • Feld "Perc": Mit "Only B" simulieren Sie eine Einschränkung der Hammond B3, die das Perkussionsregister nur auf Preset-Taste "B" zulässt. Wenn Sie auf die Percussion auch bei den anderen Presets nicht verzichten möchten, wählen Sie "Always". Siehe Der Percussion-Effekt der EVB3.

Sustain-Parameter der EVB3

Bei Synthesizern wird die Zeit, die der Ton benötigt, um nach dem Loslassen der Taste ganz zu verklingen, als "Release Time" bezeichnet. Die EVB3 ermöglicht ebenfalls die Steuerung dieses Parameters. Bei einer Orgel heißt dieser Parameter allerdings Sustain.

Figure. Sustain parameters.
  • Drehregler "Up", "Low" und "Ped": Diese drei Parameter erlauben eine individuelle Kontrolle des Sustains (in der Synthesizer-Terminologie: der Release-Phase) für das obere Manual (Up), das untere Manual (Low) und das Pedal.
  • Taste "Mode": Sie haben die Wahl zwischen zwei verschiedenen Sustain-Verhalten:
    • Wählen Sie den Smart-Modus, um durch neues Anschlagen von Noten die noch ausklingenden Noten abzubrechen.

    • Wählen Sie den Modus "Normal", um polyphone Sustain-Phasen zu erlauben, d. h. alle losgelassenen Noten auch bei neuem Anschlagen von Noten weiterhin zu halten.

    Hinweis: Der Smart-Modus erlaubt lange Ausklingzeiten, ohne dass es zu unerwünschten, im Bass dröhnenden Harmonieüberlagerungen wie im Modus "Normal" kommt.